Also ich fand's nicht so schlimm; Faktum ist ja, dass Lafontaine hingeschmissen hat. Und zwar nicht nur als Finanzminister sondern auch als SPD-Vorsitzender. Übrigens ähnlich 1990, als er die Bundestagswahl verlor (da zog er sich von der Bundespolitik so schnell zurück, dass die SPD bass erstaunt war).
Lafontaines Aufbauarbeit für die Linke in Westdeutschland ist ein logistisches Glanzstück. Nur jemand wie er konnte die Kräfte der Unzufriedenen bündeln und in eine bestehende Organisation derart professionell eingliedern. Hier erkannte man den missionarischen Eifer Lafontaines, der weit über die Sache an sich hinausging. Er wollte und will die SPD unterwerfen und wenn das nicht geht, zerstören. Er fischt in deren trüben Gewässern und verschiebt dabei nur die Gewichte. Die Taktik geht auf, wenn Steinmeier desaströs verlieren sollte und Schwarz-Gelb im Herbst gewinnt. Dann verschwinden die Agenda-SPDler in den Ruhestand und Wowereit, Nahles & Co. übernehmen die wunde Seele. Bis dahin will Lafontaine mindestens Parität auf Bundesebene.
Ach Gregor, mir geht es doch gar nicht um Lafontaine. Zu ihm mag man stehen wie man will. Du sagst "hingechmissen", ich nenne es "zurückgetreten"- sei's drum. Mir geht es um diese immer unverblümter praktizierten Medienkampagnen und Frey war da ein Musterbeispiel. Frey wolle von Lafontaine nichts über dessen politische Vorstellungen wissen und schon gar nichts über die politischen Vorstellungen der Linken, Frey hatte einzig die Aufgabe Lafontaine zu provozieren und möglichst schlecht aussehen zu lassen. Meiner Ansicht nach ist ihm das nicht gelungen, aber das ist vielleicht auch Ansichtssache. Ich jedenfalls empfand Frey regelrecht unverschämt und diese Art Unverschämtheit darf sich heute jeder Dödel in den Massenmedien gegenüber Vertretern der Linken erlauben. Ich habe das hier im Blog schon mehrfach dargestellt. Niemand dieser „Journalisten“ würde es wagen bei einer Merkel, einem Jung/Koch, einem Schäuble, auch nicht einem Steinbrück oder Müntefehring so direkt, mit ausgesucht negativer Wortwahl und in ständiger Wiederholung auf deren Pirouetten oder gar kriminellen Machenschaften in der Vergangenheit herumzureiten. Die Linken und auch Lafontaine ertragen solches mit erstaunlicher Geduld.
Geradezu lachhaft ist es doch, wenn im Vorfeld so eines Interviews die Supervolkswirtin Oma Krause auf der Straße schon das Fazit des Gesprächs ins Mikrophon brabbelt: „Lafontaine ist ein Populist, ist vor Verantwortung immer abgehauen und alles was die Linken vorschlagen ist unrealistisch und nicht zu bezahlen.“ Das hätte Frey nicht besser formulieren können, so steht’s in Bild, in der Welt, in der FAZ, im Spiegel und im Tagesspiegel, in der SZ usw. usf., und wenn das alle sagen, dann muss das ja stimmen.
Und zur SPD fällt mir z.Zt. gar nichts mehr ein. Möglicherweise schafft sie es, sich nach Wahl zu erneuern, was nur zu hoffen ist, denn wohin sich eine Demokratie ohne starke Opposition entwickelt, dürfen wir momentan schmerzlich erleben.
Erst jetzt habe ich den ZEIT-Artikel gelesen, aber, ganz ehrlich, er bestätigt nur mein Vorurteil: Auch die ZEIT ist in die Kampagne gegen die Linke eingebunden. Hier, wie auch andernorts wird der Brie-Artikel im Spiegel zum Kronzeugen gegen Lafontaine benannt und dann werden einige, meinetwegen, polemische Äußerungen, aus dem Zusammenhang gerissen erscheinen sie natürlich besonders rüde, zitiert. Das ist dann die Beweisführung, dass Lafontaine keine intellektuelle Auseinandersetzung will, sondern dass er sich eigentlich, fast, Hoffmann sagt’s verschwiemelt, mit Verschwörungsformeln wie von rechtsaußen ins vordemokratische Abseits bewegt, womit er subtil andeutet: „Lafontaine =Neonazi!“ – aber das ist ja so neu auch nicht mehr, Stichwort „Fremdarbeiter“. Populist, Kommunist, SED, Neonazi...Lafontaine ist das Böse schlechthin.
Auffällig ist allerdings, dass bei all diesen „Lafonaine = negativ“-Artikeln die überwiegende Mehrheit der Leserkommentare die Darstellung der Autoren ganz und gar nicht teilt, die Kampagne erkennt und recht ungehalten reagiert. Das macht Hoffnung.
Auch die ZEIT ist in die Kampagne gegen die Linke eingebunden.
Ist das jetzt ein Witz?
Selbst Gysi musste bei seiner Rede auf dem Parteitag eingestehen, dass er dann doch die meisten Talkshowauftritte von allen Politikern hatte. Wo ist da eine Kampagne? Kann es sein, dass das Suggerieren der Kampagne ein Lebenselixier für die Partei (und deren Anhänger)darstellt?
Brie ist der intellektuelle Denker der PDS/Linken (gewesen?). Was ihn auszeichnet ist, dass er über den Tag, die Kampagne hinaus denkt. Im ZEIT-Artikel steht rein gar nichts von "Neonazi" (und das die Klientel der Lafontaine Anhänger dagegen schreibt, ist auch nicht so aussergewöhnlich, oder?). Lafontaine kommt mir wie ein Glaskinn-Boxer vor: Er teilt ohne Unterlass aus, reagiert aber beim geringsten Gegenschlag indem er sich beim Ringrichter beschwert und "Tiefschlag" ruft.
„Eingebunden“ ist vielleicht das falsche Wort, okay , „macht da auch mit, wie alle Mainstream-Medien“ drückt es wohl besser aus. Über die Gründe wurde schon reichlich spekuliert. Bei den ö.-r.-Sendern sind es die Proporzpolitiker in den Aufsichtsgremien, die die Richtung vorgeben, bei den privaten Sendern oder Printmedien sind es die Kunden mit den großen Werbeaufträgen. Wie auch immer, dass die Linke fair behandelt würde, kann man nun wirklich nicht sagen. Dass Gysi sehr viele Auftritte, meinetwegen auch die meisten hatte, sagt gar nichts über den Anti-Links-Gleichklang aus. Die Talkshows sind Unterhaltung und Gysi immer eine Bereicherung, zumal er da allein gegen 4-5 andere steht und immer dann, wenn er zu stringent argumentiert, reflexartig mit den gleichen Begriffen - populistisch, irreal, DDR-sozialistisch usw.- wie Lafontaine angegangen wird. Bei Gysi kommt dann noch Stasi-IM hinzu. Nein, eine echte Auseinandersetzung mit der Linken findet nicht statt.
„Neonazi“ steht da natürlich nicht, dass habe ich auch nicht geschrieben, aber es werden Assoziationen geweckt. Oder was sonst wollte Hoffmann mit seinen „Verschwörungsformeln von rechtsaußen...“ ausdrücken? Ich sag’s noch mal: Es geht mir nicht darum, wie Lafontaine oder die Linke von einigen Medien behandelt wird, aber dass mittlerweile alle Massenmedien im Gleichklang marschieren ( Georgien – Du erinnerst Dich?), das ist einfach auffällig und das will ich nicht unkommentiert hinnehmen.
Hier ist ein sehr fundierter Artikel eines der - wie ich finde - besten politischen Journalisten Deutschlands, der den "Lafontainismus" sehr schön erklärt und ihn verortet. Es zeigen sich längst Risse in der Linken (Brie wird zitiert), die von dieser Art Kraftmeierpolitik Distanz nehmen.
Lafontaines Aufbauarbeit für die Linke in Westdeutschland ist ein logistisches Glanzstück. Nur jemand wie er konnte die Kräfte der Unzufriedenen bündeln und in eine bestehende Organisation derart professionell eingliedern. Hier erkannte man den missionarischen Eifer Lafontaines, der weit über die Sache an sich hinausging. Er wollte und will die SPD unterwerfen und wenn das nicht geht, zerstören. Er fischt in deren trüben Gewässern und verschiebt dabei nur die Gewichte. Die Taktik geht auf, wenn Steinmeier desaströs verlieren sollte und Schwarz-Gelb im Herbst gewinnt. Dann verschwinden die Agenda-SPDler in den Ruhestand und Wowereit, Nahles & Co. übernehmen die wunde Seele. Bis dahin will Lafontaine mindestens Parität auf Bundesebene.
Geradezu lachhaft ist es doch, wenn im Vorfeld so eines Interviews die Supervolkswirtin Oma Krause auf der Straße schon das Fazit des Gesprächs ins Mikrophon brabbelt: „Lafontaine ist ein Populist, ist vor Verantwortung immer abgehauen und alles was die Linken vorschlagen ist unrealistisch und nicht zu bezahlen.“ Das hätte Frey nicht besser formulieren können, so steht’s in Bild, in der Welt, in der FAZ, im Spiegel und im Tagesspiegel, in der SZ usw. usf., und wenn das alle sagen, dann muss das ja stimmen.
Und zur SPD fällt mir z.Zt. gar nichts mehr ein. Möglicherweise schafft sie es, sich nach Wahl zu erneuern, was nur zu hoffen ist, denn wohin sich eine Demokratie ohne starke Opposition entwickelt, dürfen wir momentan schmerzlich erleben.
Auffällig ist allerdings, dass bei all diesen „Lafonaine = negativ“-Artikeln die überwiegende Mehrheit der Leserkommentare die Darstellung der Autoren ganz und gar nicht teilt, die Kampagne erkennt und recht ungehalten reagiert. Das macht Hoffnung.
Ist das jetzt ein Witz?
Selbst Gysi musste bei seiner Rede auf dem Parteitag eingestehen, dass er dann doch die meisten Talkshowauftritte von allen Politikern hatte. Wo ist da eine Kampagne? Kann es sein, dass das Suggerieren der Kampagne ein Lebenselixier für die Partei (und deren Anhänger)darstellt?
Brie ist der intellektuelle Denker der PDS/Linken (gewesen?). Was ihn auszeichnet ist, dass er über den Tag, die Kampagne hinaus denkt. Im ZEIT-Artikel steht rein gar nichts von "Neonazi" (und das die Klientel der Lafontaine Anhänger dagegen schreibt, ist auch nicht so aussergewöhnlich, oder?). Lafontaine kommt mir wie ein Glaskinn-Boxer vor: Er teilt ohne Unterlass aus, reagiert aber beim geringsten Gegenschlag indem er sich beim Ringrichter beschwert und "Tiefschlag" ruft.
„Neonazi“ steht da natürlich nicht, dass habe ich auch nicht geschrieben, aber es werden Assoziationen geweckt. Oder was sonst wollte Hoffmann mit seinen „Verschwörungsformeln von rechtsaußen...“ ausdrücken? Ich sag’s noch mal: Es geht mir nicht darum, wie Lafontaine oder die Linke von einigen Medien behandelt wird, aber dass mittlerweile alle Massenmedien im Gleichklang marschieren ( Georgien – Du erinnerst Dich?), das ist einfach auffällig und das will ich nicht unkommentiert hinnehmen.