Gauckelei – jetzt sind es schon zwei

Dass die FDP so einen ganz toll lieb hat, wird niemanden verwundern und die kolportierten Bauchschmerzen der CDU bei der Zustimmung sind eher simuliert. Die SPD nach dem „Warum?“ zu ihrem Vorschlag zu befragen, ist müßig, denn die einzig ehrliche Antwort: „Wir wollen der hochverehrten Frau Bundeskanzlerin signalisieren, dass die SPD in der nächsten Regierung ein verlässlicher Juniorpartner sein wird!“, werden wir nicht erhalten. Gut, tiefer als die SPD kann man sowieso nicht mehr sinken, aber man kann noch blöder sein. Die Grünen beweisen es.
Da wetteifert der Vorsitzende Trittin mit Springers Frieda um das Urheberrecht des Gauck-Vorschlages, seinerzeit, vor der Wulff-Wahl. War das damals, im Verein mit der SPD, noch ein nachvollziehbares, taktisches Manöver, so muss man diesmal fragen, ob die Grünen noch bei Sinnen sind. Die oben von der Kabarettistin verkürzt und natürlich überspitzt dargestellte Positionierung Gaucks steht doch im krassen Gegensatz zu den, zumindest programmatischen, Vorstellungen der Grünen. Taktisch ergibt der Vorschlag auch keinen Sinn, es sei denn, man erhofft sich mediale Anerkennung von den Schmierlappen der Bildzeitung. Aber lassen wir auch das, nach dem Saar-Jamaika wissen wir ja, dass den Grünen nix zu blöd ist. Übrigens, die FDP hatte auch mal 16 % - ist noch gar nicht so lange her.
Einfach grässlich aber ist es mit anzusehen, wie ein Grundelement der Demokratie, die dauernde Auseinandersetzung zwischen Regierung und Opposition, ausgezehrt und nahezu stillschweigend durch den alternativlosen Konsens ersetzt wird. Unsere hochverehrte Frau Bundeskanzlerin schwebt mittlerweile sakrosankt über den Niederungen ihrer eigenen Dämlichkeiten, für jede noch so rasante 180-Grad-Wende von willfährigen Vasallen bejubelt. An ihre schönste Volte, vor gerade mal gut 20 Jahren, ihrer blitzartigen Wandlung von der strammen FDJ-Sekretärin zur Kohlschen CDU-Trulla erinnert sich kaum noch jemand. Wendehälse gibt es nur bei den Linken. Heute gehört die hochverehrte Frau Bundeskanzlerin in der öffentlichen Wahrnehmung zum christdemokratischen Urgestein und über eine direkte Abstammung vom Urkanzler Adenauer wird bereits gemunkelt. Immer wieder reißt sie das Parlament zu Beifallsstürmen hin, wenn sie sich mit leuchtenden Augen auf ihren verehrten Lehrmeister Prof. Ludwig Erhardt beruft, um ihre wirtschaftspolitische Kompetenz zu unterstreichen. Fasziniert hängen wir an ihren Lippen, wenn sie Geschichten aus den Anfängen der Bundesrepublik, von den tollen Jahren des Wiederaufbaus und vom Wirtschaftswunder erzählt. Zur Zeit erleben wir offenen Mundes staunend ihr Meisterstück. Durch ihre Liaison mit Zwerg Nase ist die hochverehrte Kanzlerin noch einmal aufgeblüht, ist noch schöner, noch mächtiger geworden und wie sie jetzt mit sicherer Hand erst Griechenland und nebenbei, ganz subtil, Schritt für Schritt, fast unmerklich, aber zielstrebig das bislang gute Verhältnis zu den europäischen Nachbarn ruiniert, das macht ihr in so kurzer Zeit keiner nach.
Jetzt wird also auch das höchste Staatsamt von so einem merkwürdig Gewandelten besetzt, denn Gaucks Widerstandsvita begann auch erst, als die DDR schon in den letzten Zügen lag und der Widerstand massentauglich und ungefährlich war. Vorher lebte er unauffällig als Pfarrer, allerdings privilegiert – mit Stasikontakten und Westreiseerlaubnis. Das stört mich wirklich nicht, aber wenn sich solche Leute dann plötzlich zum Sprachrohr des Wirtschaftsliberalismus machen, Kritik an Finanz- und Wirtschaftssystem für albern halten und mir/ uns als moralische Instanz vorgesetzt werden, dann regt sich bei mir ein echter Widerwille.
Zum Schluss ein Original-Gauck im SZ-Interview von 2010:
Neulich erzählte mir mein Fahrer von seinem Cousin, der mit den gesamten Sozialleistungen ungefähr 30 Euro weniger als er hat. Mein Fahrer muss aber fast immer um fünf Uhr aufstehen. Er sei der Dumme in der Familie, aber er sagte mir auch: „Ich kann das nicht, ich kann nicht so dasitzen.“ Da habe ich gesagt, dass er denen erzählen soll, wie gut er sich mit Arbeit fühlt.
Klar, auf den naheliegenden Gedanken, das er seinen Fahrer evtl. zu niedrig entlohne…? Ach nein, das wäre von so einem Freiheitsenthusiasten sicher zu viel verlangt.
PS: Wer jetzt noch nicht genug Gauck-bashing hat dem empfehle ich diese Kolumne. Polemic at it's best!
blackconti - 21. Feb, 19:30
Zum Gauck: Ein BP der von der FDP protegiert wird....das spricht ja schon für sich. Abschaffen sollte man das Amt des "Winkeaugust". Ausser Geld kosten tut der doch eh nix.
Mir ist der Gauck ziemlich egal, aber der partei-und medienübergreifende Jubelchor geht mir gehörig auf den Keks. Diesem „Präsident der Herzen“-Gesülze kann man doch nur mit Boshaftigkeit begegnen und das hat Denis Yücel mit seiner „Stinkstiefel“-Kolumne hervorragend erledigt. Allein die geifernde Reaktion der Gauck-Anbeter beweist, wie wunderbar dieser Tiefschlag gesessen hat.