Sonntag, 28. Januar 2007

Heinz – eine Liebesgeschichte

HeinzHeinz ist 72 Jahre alt, ist kerngesund, war zweimal verheiratet und wieder geschieden und hat zwei erwachsene Söhne, aus jeder Ehe einen. Heinz ist Deutscher und nach Ende des Krieges verschlug es ihn zuerst nach Nord- und ein paar Jahre später nach Südafrika, wo er als gelernter Schreiner unter den Apartheitsbedingungen ein angenehmes Leben führte. Heinz sieht, gemessen an seinem Alter, blendend aus, hat noch alle Zähne im Mund und schon vor Jahren sein lichter werdendes Haupthaar durch Implantate verdichten lassen. Heinz ist nach eigenem und fremdem Bekunden noch ein ganzer Mann und Heinz liebt die Frauen, wie auch die Frauen Heinz lieben – jedenfalls solange, bis sie merken, dass Heinz auch ein Riesenarschloch ist.

Heinz ist Rassist, selbstverständlich, was nichts ungewöhnliches ist hier unter den apartheitsverwöhnten Weißen, die in der Mehrheit die Schwarzen für dumm, faul, kriminell und überhaupt minderwertig erachten und, allerdings nur hinter vorgehaltener Hand, die Unfähigkeit der schwarzen Regierung bejammern und von den „good old days“ schwärmen. Heinz allerdings ist auch noch Nazi, hasst die Juden, hasst die Kommunisten, hasst die Kapitalisten und hängt in seinem Schlafzimmer ein Hitlerbild auf. Vor allem aber ist Heinz ein Nassauer, ein Schmarotzer, aber all das erkennt man natürlich erst nach und nach.

Bedingt durch seine Scheidungen bezieht Heinz heute nur eine schmale Rente, teils aus Deutschland, teils aus der südafrikanischen Versicherungen. Man kann davon leben, aber wenig komfortabel. Also sinnt Heinz auf Verbesserung seiner wirtschaftlichen Situation und nutzt das ihm von der Natur gegebene Kapital. Er ist ein gutaussehender, rüstiger Rentner und es gibt viele alleinstehende Frauen, die sich wieder einen Partner wünschen. So eine Frau ist Marianne. Marianne, Mitte sechzig, lebt seit dem Tode ihres Mannes vor ein paar Jahren allein, in finanziell gesicherten Verhältnissen. Marianne begegnet Heinz zum erstenmal auf einer Grillparty, wo beide eingeladen sind. Heinz lebt zu diesem Zeitpunkt eigentlich auf den Seychellen, im Hause einer alleinstehenden Diplomatin. Er ist, wie er sagt, nur ein paar Tage auf Urlaub. Heinz wird Mariannes Interesse gespürt haben, jedenfalls fährt er ihr nach dem Ende der Party bis zu ihrer Wohnung nach, wird noch auf ein Glas oder einen Kaffee eingeladen und die beiden verbringen die Nacht zusammen.

Marianne ist verliebt und Heinz gibt ihr zu erkennen, dass er am liebsten sofort von den Seychellen zurück nach Südafrika kommen würde, das Verhältnis zur Tochter der Diplomatin sei nicht das beste, er aber nicht wüsste wohin, worauf ihm Marianne anbot, er könne ja bei ihr einziehen. Heinz fliegt zurück auf die Seychellen, packt seine Sachen in einen Container, verschifft diesen nach Südafrika und trifft selbst zwei Monate später wieder bei Marianne ein, freudigst erwartet.

Ab diesem Zeitpunkt lernen auch wir Heinz kennen. Ja, vom ersten Eindruck können wir die Schwärmerei von Marianne verstehen, ein attraktiver Mann – äußerlich. Nur, was redet der Mensch für einen Unsinn? Ein Plattitüden dreschender Aufschneider und Dummkopf. Mariannes Sohn, zur selben Zeit zu Besuch aus Deutschland, sagt seiner Mutter unverblümt, er halte den „Seychellen-Heinz“ für einen ganz windigen Heiratsschwindler, da er bemerkt habe, dass Heinz sich konsequent von Marianne aushalten lasse. Marianne hört die Worte, ahnt wohl auch ein wenig den Wahrheitsgehalt, verdrängt dies aber und genießt es, nicht mehr allein zu sein und wir Außenstehenden respektieren dies natürlich.

Marianne entschließt sich, ermuntert durch Heinz, ein Haus zu kaufen. Ein älteres Haus, etwas renovierungsbedürftig und Heinz kümmert sich um die Handwerker während Marianne die Rechnungen bezahlt. Nach einigen Wochen ist das neue Heim fertig und Heinz sitzt von nun an jeden Nachmittag vor dem Fernseher und verfolgt diese hochintelligenten Gerichtsplotten der diversen TV-Richter, wobei er Mariannes Zigaretten raucht und, bei ihm nicht passenden Entscheidungen, lauthals seinen Unmut gegen den Fernsehapparat brüllt.

Marianne gerät immer mehr in die Isolation, da die früher zahlreichen Besucher wegen dieses Heinz’ mehr und mehr fernbleiben und Marianne bei Einladungen durch die Blume gebeten wird, bitte ohne Heinz zu kommen. Nach ungefähr einem Jahr verblasst bei Marianne die rosarote Wolke und die Stimmung kippt. Heinz nervt nur noch und Marianne bittet Heinz, sich doch eine eigene Wohnung zu suchen, da sie keine Zukunft für diese Verbindung sieht. Da stößt sie bei Heinz erst mal auf taube Ohren. Er heuchelt zwar Verständnis, unternimmt aber gar nichts, monatelang. Marianne wird etwas drängender und Heinz fährt verstimmt zu einem seiner Söhne nach Johannesburg. Dort will er sich eine Wohnung suchen und bestätigt mehrfach telefonisch, dass er ausziehen werde.

In den folgenden drei Monaten stellt Marianne schon einmal Heinz’ Sachen für den Umzug in einem separaten Raum zusammen. Eines Sonntagsnachmittags trifft er unangemeldet wieder ein und erklärt, dass er nicht ausziehen werde, er wohne hier und er hätte ein Anrecht darauf. Er hätte einen Rechtsanwalt befragt, sprach’s, und setzt sich zu Marianne und anwesenden Gästen ins Wohnzimmer. Auf die Vorhaltung, dies sei doch nicht sein Haus und er könne doch nicht einfach nach monatelanger Abwesenheit hereinplatzen und in die Privatsphäre anderer eindringen, steht er auf und geht, um nach etwa einer Stunde mit zwei Polizisten zu erscheinen. Diese bestätigen, dass Heinz im Recht ist. Er beruft sich auf das Squatter –Law, ein Gesetz in Südafrika, das es verbietet, Nichtsesshafte zu vertreiben, wenn sie einen Platz ( Land oder Gebäude) über einen gewissen Zeitraum besetzt hatten. Allerdings bestünde die Möglichkeit Ersatz anzubieten und den hat Marianne. Um Heinz aus dem Wohnzimmer zu bekommen, wird ihm die, bei fast allen älteren Häusern, vorhandene Gesindekammer angeboten. Als Heinz das entrüstet ablehnen will, machen ihm die Polizisten, die längst gemerkt haben, woher der Wind weht, klar, dass er das annehmen müsse.

Marianne schaltet einen Rechtsanwalt ein. Der bekommt gleich am nächsten Tag Arbeit, da Heinz sich per einstweiliger Verfügung Zugang zur Küche des Wohnhauses verschafft, was 3 Tage später wieder rückgängig gemacht wird. Nun darf Heinz nur noch im Hof vor seiner Kammer sitzen, muss seine eigenen Zigaretten rauchen und kann statt der Richterin Salesch nur noch die im Hof montierte Wäschespinne beschimpfen. Nach 4 Tagen gibt Heinz auf und zieht aus. Nach 4 Wochen erhält Marianne ein Anwaltsschreiben, in welchem Heinz ein viertel von Mariannes Haus fordert ( 250 000 Rand) für seine Bauleitungstätigkeit bei der Renovierung. Ein halbes Jahr später spricht ihm das Gericht 15 000 Rand zu. Anwalts- und Gerichtskosten für Marianne ca. 20 000 Rand. Heinz dürfte nicht viel weniger berappt haben.

Heinz lebt nun, so hört man, in Johannesburg. Versuche, in Deutschland Hartz IV zu erschleichen sind, wie zu vernehmen war, gescheitert. Ob er in Johannesburg wieder eine alleinstehende Frau gefunden hat, ist nicht bekannt, aber es ist anzunehmen.

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