Die Gottesanbeterin

Mitleid ist mit diesem biegsamen Karrieristen wirklich nicht angebracht. Norbert Röttgen ist, bzw. war der Prototyp des aalglatten Berufspolitikers, der immer wortreich von Verantwortungsbewusstsein, Allgemeinwohl und Dienen schwadroniert, aber einzig die eigene Karriere, den eigenen Vorteil im Auge hat. Schon vor Jahren hat er seinen Hang zur Rückversicherung bewiesen, als es damals um seinen versprochenen Posten beim BDI ging. Da wollte er auch schon nicht auf sein Bundestagsmandat verzichten und einfach alles gleichzeitig sein: Anwalt, Abgeordneter, Parteifunktionär und Cheflobbyist. Das war dann selbst seinen CDU-Parteifreunden zu viel, worauf er schweren Herzens dem BDI-Job entsagte.
Nun hat er sich endlich total verzockt, denn das scheinbare Karrieresprungbrett „NRW-CDU-Chef“ erwies sich, dem Kuschelwahlkampf Hannelore Krafts sei Dank, als Abschussrampe ins Aus. Röttgen, die Wahlniederlage vor Augen, wollte nicht die alleinige Verantwortung für das sich abzeichnende CDU-Debakel übernehmen. Durch seinen zwar zutreffenden, aber ziemlich dämlichen Hinweis, dass bei der NRW-Wahl auch über das Euro-Krisenmanagement der Bundesregierung abgestimmt würde, holte er die Bundeskanzlerin in die Mitverantwortung und hatte damit auch schon sein politisches Ende eingeläutet. Dass Röttgen solch ein eklatanter Fehler unterlaufen konnte, zertrümmerte schlagartig sein Intelligenz-Image und weist ihn verdientermaßen als „Muttis Dümmsten“ aus.
Selbst der Unbedarfteste weiß doch mittlerweile, dass sich die Politik der Bundeskanzlerin, völlig prinzipienlos, einzig am Machterhalt orientiert. Jede pathetisch beschworene Entscheidung ist nur so lange alternativlos, bis der Opportunismus das ebenso alternativlose Gegenteil als machtpolitisch nützlicher erscheinen lässt. Läuft irgendwas schief, ist niemals die Kanzlerin, sondern sind immer irgendwelche Subalterne verantwortlich. Röttgen wusste das, hat es ja selbst zur Genüge mitpraktiziert.

Wieder einmal hat sich Merkel, der Gottesanbeterin gleich, eines Männchens entledigt, eiskalt und ohne Scrupel, und das zu beobachten hat schon etwas Faszinierendes. Ob das aber noch lange gut geht, wage ich zu bezweifeln. Langsam gehen ihr die Männer aus und und das Grummeln in der CDU ist kaum noch zu überhören. Möglicherweise hat Merkel diesmal überreizt, aber was wäre dann die Alternative? Bitte sage jetzt keiner: „Die SPD!“ Die kann ja nicht mal Opposition, denn, so äußerte sich kürzlich SPD-Veteran Klaus von Dohnanyi: „Die Bundeskanzlerin Frau Dr. Merkel ist ein Schmuck für Deutschland!“ Ja, dann! Dazu fällt mir einfach nix mehr ein…
blackconti - 19. Mai, 13:32