Muti – nutzt nix

Diese Erkenntnis kommt jedenfalls zu spät für die drei Gangster, die hier vor zwei Wochen in Port Shepstone beim Versuch, einen Geldtransporter zu berauben, von der Polizei gestellt und im Feuergefecht erschossen wurden. Die Gangster waren nicht nur mit automatischen Schnellfeuerwaffen, sondern jeweils auch mit einem Fläschchen Muti ausgerüstet. Muti ist der Zuluname für Medizin und in diesem speziellen Fall war die Medizin eine Tinktur, mit der sich die Räuber einschmierten, um ihre Körper gegen feindliche Gewehrkugeln resistent zu machen. So war es der lokalen Presse zu entnehmen.

Gehört hatte ich so was vorher schon mal, hielt es allerdings für ein rassistisches Gerücht, in die Welt gesetzt, um die Schwarzen als besonders blöde hinzustellen.

traditional Healer in DurbanSangoma in Durban

Dass weite Teile der schwarzen Bevölkerung hier an Hokuspokus glauben, ist mir natürlich bekannt. Die Sangomas, die traditionellen Heiler, die man hier allenthalben im Straßenbild sehen kann, erkennbar an ihren Gewändern und dem Haarschmuck aus unzähligen Glasperlen sowie den Zauberstecken oder –wedeln in der Hand, sind dafür sichtbarer Beleg. Darüber will ich mich nicht lustig machen, sie werden bestimmte naturheilkundliche Fähigkeiten haben, denn immerhin kontaktieren laut Statistik 60% der schwarzen Bevölkerung im Krankheitsfall den oder die Sangoma zusätzlich zum normalen modernen Arzt.

Dass durch die Zauberformeln und Wunderwässerchen einiger Sangomas die Risikobereitschaft gesteigert und die Furcht, selber verletzt zu werden, herabgesetzt wird, erklärt die oftmals dummdreiste und brutale Vorgehensweise mancher Gangster zumindest teilweise. Besonders beruhigend ist diese Erklärung allerdings nicht.
Gregor Keuschnig - 7. Nov, 19:19

Das Wesen des Placebo-Effekts ist eben, dass er nur bei einem selber wirkt, und nicht bei anderen.

blackconti - 9. Nov, 00:40

Ganz ehrlich, lieber Gregor, verstehe ich Ihren Kommentar in diesem Zusammenhang nicht, so sehr ich auch grüble. Meinen Sie vielleicht, dass diejenigen, die nicht erschossen wurden nunmehr glauben, dass sie die Zaubertinktur gerettet hätte? Da sollten dann doch eigentlich eher Zweifel aufkommen angesichts der toten Bandenmitglieder.
Gregor Keuschnig - 9. Nov, 09:41

Sorry,

ich meine: Wer diese Tinktur benutzt, und sich für "unbesiegbar" hält, mag es vielleicht für sich selber denken (und dann u. U. Verbrechen in diesem Wissen verüben) - aber diese "Wirkung" ist natürlich den Gewehrkugeln "nicht bekannt" (um Ihr Beispiel aufzunehmen).

Ich verstehe natürlich, dass Verbrecher, die mit dem Glauben der Unverwundbarkeit herumlaufen, noch gefährlicher sind, als andere. Warum dann irgendwann keine Zweifel aufkommen angesichts der getöteten Kollegen - das weiss ich auch nicht. Aber das gibt es auch hier: Der Glaube an irgendetwas wird so schnell durch Fakten nicht erschüttert. (Es passt nicht ganz in die Thematik, aber ich denke an den Wahn einiger Leute, sich ständig sozusagen präventiv mit allen möglichen Vitamin-Präparaten vollzustopfen.)

Ich weiss schon, dass das wohl nicht so spassig ist. Man hört hier so einiges über die Kriminalität in Südafrika (mir fällt dann immer Coetzees "Schande" ein).
blackconti - 11. Nov, 10:16

Nein, spassig ist die Kriminalität hier wirklich nicht, aber es ist auch bei weitem nicht so schlimm, wie es unter der Lupensicht der Nachrichten aussieht. Wir wissen doch, dass nur schlechte Nachrichten eine Nachricht wert sind. Ich werde demnächst mal eine Zustandsbeschreibung aus meiner persönlichen Sicht posten.
Apropo Coetzees „Schande“: Im Gegensatz zum intellektuellen Begreifen des Protagonisten, die erfahrene Gewalt der Schwarzen als Quittung für persönliches und gesellschaftliches Versagen in der Vergangenheit zu sehen, findet eine solche Betrachtungsweise, bis auf Ausnahmen, unter den Weißen kaum statt. Die Schwarzen sind dumm, faul und gewalttätig, Kaffir oder Muntus halt, minderwertig, was natürlich nur hinter vorgehaltener Hand geäußert wird.
404 - 9. Nov, 09:54

Das magische Denken in Afrika

Rührend, wenn es nicht so bitter wäre.

Man hörte auch schon von der "Hexenjagd". Frauen, die der Hexerei verdächtigt werden, werden von ihren Familien verstoßen, wenn nicht gar umgebracht.

Das in Schwarz-Afrika verbreitete magische Denken scheint mir auch einer der Faktoren, warum es dem Kontinent so schlecht geht.

Übrigens: Spannender Blog hier!

blackconti - 11. Nov, 10:41

Danke, so ein Lob tut von Zeit zu Zeit mal ganz gut.
Ja, der Aberglaube ist sicher eines der Probleme des ganzen schwarzen Kontinents. Hier in Südafrika besuchen allerdings mittlerweile ca. 90% aller Kinder die Schule und mit zunehmender Bildung steht zu hoffen, dass der Einfluss der Zauberer usw. abnimmt. Aus einer der schlimmsten Auswüchse des Aberglaubens resultieren die hohen Zahlen von Vergewaltigungen kleiner Mädchen, weil Männer glauben, dass sie sich durch jungfräulichen Verkehr dauerhaft vor AIDS schützen könnten. Fliegt so eine Tat auf, sie geschieht meistens im dörflichen Umfeld, ist Mord und Totschlag vorprogrammiert.

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